
TODESZONE Chemokline
Ein hochinteressantes Thema, das Sie da ansprechen: Sauerstoffarme Zonen, auch bekannt als Hypoxie oder Anoxie, je nach Grad des Sauerstoffmangels. Als jemand, der sich intensiv mit Gewässeranalysen und der Unterwasserflora und -fauna beschäftigt, sind diese Zonen ein klares Warnsignal für den ökologischen Zustand eines Gewässers.
Was sind sauerstoffarme Zonen?
Stellen Sie sich vor, das Wasser atmet nicht mehr richtig. Genau das passiert in einer sauerstoffarmen Zone. Der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt unter einen kritischen Wert, der für die meisten aquatischen Lebewesen lebensbedrohlich wird.
Wir sprechen von:
- Hypoxie, wenn der Sauerstoffgehalt unter etwa 2 mg/L (Milligramm pro Liter) fällt. Für viele Fische und Wirbellose ist das bereits eine immense Stresssituation, die auf Dauer zum Tod führen kann.
- Anoxie, wenn der Sauerstoff praktisch vollständig verbraucht ist, also nahe 0 mg/L. Hier existiert kein aerobes Leben mehr. Es ist, als würde man in einem luftleeren Raum landen – nur eben unter Wasser.
Diese Zonen können sich sowohl in Süßgewässern (wie Seen und Flüssen) als auch in Meeresgebieten bilden.
Wie entstehen sauerstoffarme Zonen?
Die Hauptursache für die Entstehung sauerstoffarmer Zonen ist in den meisten Fällen die Eutrophierung, also ein übermäßiger Nährstoffeintrag ins Gewässer. Aber es gibt auch andere Faktoren:
- Nährstoffeintrag (Eutrophierung): Dies ist der häufigste und gravierendste Grund. Durch Landwirtschaft (Düngemittel), Abwässer (ungeklärt oder unzureichend geklärt) und Industrie gelangen große Mengen an Nährstoffen, insbesondere Stickstoff und Phosphor, in Seen und Meere.
- Diese Nährstoffe wirken wie ein Turbo für das Algenwachstum. Es kommt zu massiven Algenblüten an der Oberfläche.
- Wenn diese Algen absterben, sinken sie auf den Grund. Dort werden sie von Bakterien und anderen Mikroorganismen zersetzt.
- Dieser Zersetzungsprozess verbraucht riesige Mengen an Sauerstoff. Je mehr Biomasse zersetzt werden muss, desto mehr Sauerstoff wird benötigt.
- Schichtung des Wassers (Stratifikation): In tieferen Seen und in den Ozeanen kommt es oft zu einer thermischen Schichtung. Das bedeutet, dass sich wärmere, leichtere Wasserschichten an der Oberfläche befinden und kältere, dichtere Schichten am Boden.
- Diese Schichten vermischen sich nur schwer oder gar nicht, besonders im Sommer.
- Der Sauerstoff aus der Atmosphäre gelangt so nicht in die Tiefe. Gleichzeitig verbrauchen Organismen in den tieferen Schichten Sauerstoff, und wenn organische Materie absinkt und zersetzt wird, wird der Sauerstoff dort weiter aufgezehrt. Das führt dazu, dass sich Sauerstoffdefizite am Grund ansammeln können.
- Geringer Wasseraustausch: In Buchten, Fjorden oder geschlossenen Seen, wo wenig Strömung oder Austausch mit sauerstoffreicherem Wasser stattfindet, können sich sauerstoffarme Zonen leichter bilden und halten.
- Klimawandel: Höhere Wassertemperaturen reduzieren die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser. Wärmeres Wasser kann also von vornherein weniger Sauerstoff aufnehmen. Gleichzeitig beschleunigen höhere Temperaturen die Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen, was den Sauerstoffverbrauch weiter erhöht.
Die fatalen Folgen für das Ökosystem
Sauerstoffarme Zonen sind für die Unterwasserwelt verheerend:
- Fischsterben: Fische und andere größere Organismen versuchen zu flüchten, wenn der Sauerstoff knapp wird. Können sie das nicht, sterben sie qualvoll. Ganze Populationen können zusammenbrechen.
- Verlust der Biodiversität: Viele spezialisierte Arten, die auf ausreichend Sauerstoff angewiesen sind, verschwinden. Übrig bleiben oft nur wenige, sehr widerstandsfähige Arten (z.B. bestimmte Bakterien und Würmer), die unter anoxischen Bedingungen überleben können.
- Freisetzung von Giftstoffen: Unter sauerstofffreien Bedingungen können sich im Sediment gelöste Nährstoffe (z.B. Phosphat) oder sogar giftige Gase wie Schwefelwasserstoff (H2S) bilden und ins Wasser gelangen. Schwefelwasserstoff riecht nicht nur faulig (wie faule Eier), sondern ist hochgiftig für alle Lebewesen.
- Störung der Nahrungsnetze: Das Absterben von Arten am unteren Ende der Nahrungskette hat weitreichende Folgen für das gesamte Ökosystem.
Was können wir tun?
Als Naturwissenschaftler und Citizen Scientists, die beim NAWITA-Projekt aktiv sind, spielen wir eine wichtige Rolle beim Monitoring dieser Veränderungen. Durch die Erfassung von Daten zur Unterwasserflora und -fauna sowie durch die Analyse der Wasserqualität können wir frühzeitig Anzeichen von Sauerstoffmangel erkennen und dokumentieren.
Die Bekämpfung sauerstoffarmer Zonen erfordert jedoch größere Anstrengungen:
- Reduzierung des Nährstoffeintrags: Dies ist der wichtigste Schritt. Weniger Düngemittel in der Landwirtschaft, bessere Kläranlagen und der bewusste Umgang mit Abwässern sind entscheidend.
- Restaurierung von Feuchtgebieten: Feuchtgebiete entlang von Flüssen und Seen können als natürliche Filter wirken und Nährstoffe abfangen, bevor sie ins Gewässer gelangen.
- Klimaschutz: Indem wir den globalen Temperaturanstieg begrenzen, tragen wir auch dazu bei, die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser zu erhalten und die Bildung von stabilen Schichten zu reduzieren.
Sauerstoffarme Zonen sind ein klares Symptom für einen kranken See. Ihr Auftreten ist ein Weckruf, der uns dazu anhalten sollte, unsere Gewässer besser zu schützen und nachhaltiger zu handeln.
Weitere Links:
https://nawita.de/category/projekt/deeptemp/toedliche-sprungschicht